Pitcairn - Zufluchtsort der Meuterer auf der Bounty
Pitcairn - Zufluchtsort der Meuterer auf der Bounty

März 2011

 

Die vor uns liegende Strecke zwischen der Osterinsel und der kleinen Insel Pitcairn betrug 'nur' ca. 1100sm. Also gegenüber den 1700sm, die wir bis zur Osterinsel zurückzulegen hatten, wesentlich kürzer - dachten wir.

 

An den ersten beiden Tagen hatten wir auch guten Segelwind. Es war zwar etwas rauh, d.h. viele Squalls und hohe Wellen, aber wir machten gute Fahrt. Das dauerte jedoch nicht lange an. Wir hatten dann wenig bis gar keinen Wind mehr. Zunächst genossen wir dies sogar, solange wir keinen Schwell hatten und die Delphin ruhig im Wasser lag.

 

Die nächsten Tage hatten wir stets drehende Winde, teilweise auch aus West, also genau von vorne. Am besten, wenn auch jeweils nur für kurze Zeit, konnten wir mit den Winden, die die Regenschau­er mit sich brachten, segeln. Am nervigsten in dieser Zeit waren unsere Versuche, trotz wenig Wind zu segeln. Da wir meist eine unruhige See mit kabbeliger oder sogar großer Welle hatten, schlugen die Segel immer wieder recht laut und es war nur eine Frage der Zeit, dass wir sie wieder bargen und sie und unsere Nerven damit schonten. Ein nennenswertes Vorwärts­kommen war ohnehin nicht möglich. Zwischendurch konnten wir auch endlich unseren 'neuen' Spinaker (danke Ernst!) aus­probieren und so kamen wir doch immer wieder ein paar Meilen Richtung Ziel. Unsere täglich gefahrenen Seemeilen (Etmale) beliefen sich jedoch auf nicht mehr als 30 bis 40.

 

Ich beschäftigte mich mit Nähen, Brot backen, Schmökern und Lesen in unseren zahlreichen Süd­seebüchern, Erich versuchte unseren mittlerweile in Betrieb genommenen Wassermacher wieder in Gang zu setzen und vertrieb sich ebenfalls die Zeit mit Lesen. So vergingen die Tage und Meilen bis wir letztendlich am 15. (!) Tag nach unserer Abreise doch endlich unser vorläufiges Ziel sahen. Pitcairn lag nur mehr 30 sm voraus. 'Kommt gar nicht in Frage, dass wir diese 30 Meilen unter Mo­tor fahren', so entschieden wir. Statt dessen warteten wir auf die leichte Brise, die bis jetzt jede Nacht eingesetzt hat und sei es, dass wir nur 10 bis 15 sm schaffen. Aber am nächsten Morgen wa­ren wir nicht mehr als 2 bis 3 sm der Insel näher ge­kommen und so starteten wir doch zähneknir­schend die Maschine und dampften Pitcairn entgegen.

 

Der Vorteil des seit langem anhaltenden ruhigen Wetters war natürlich, dass wir hier in Pitcairn, in der Bounty Bay dementsprechend ruhig lagen und auch mit dem eigenen Beiboot zum Landungs­steg fahren konnten. Bereits eine Woche später war dies anderen Booten versagt, da die Windver­hältnisse sich wieder änderten.

 

Pitcairn ist eine kleine Insel, ca. 300sm von den nächsten Südseebewohnern entfernt. Sie ist an ihrer höchsten Stelle 340m hoch und verfügt über genug Regenwasser, um all die herrlichen Südsee­früchte und Gemüse gedeihen zu lassen. Die Meuterer der Bounty entschlossen sich unter der Füh­rung von Fletcher Christian, hier fernab von jeglicher Schifffahrtsroute sich niederzulassen, um der Verfolgung durch die britische Krone zu entgehen. Ihr Glück währte jedoch nicht lange. Die 10 Meuterer sowie die sie begleitenden Polynesier gerieten immer wieder in Streit und es gab bald Mord und Totschlag, sodass letztendlich nach bereits 10 Jahren nur noch eine Handvoll der polyne­sischen Frauen, deren Kinder sowie einer der Meuterer übrig blieb.

 

Die heute ca. 60 Einwohner der Insel sind fast alles direkte Nachfahren dieser Meuterer. Wir konn­ten jedoch nur bei einigen wenigen den polynesischen Einschlag feststellen. Die meisten scheinen durch und durch britisch zu sein. Sie wohnen alle in großen, sehr hellen Häusern. Alles was sich auf der Insel befindet wird auf dem Wasserwege aus Neuseeland, Französisch Polynesien oder von noch weiter her angeliefert. Die Versorgungsschiffe kommen drei bis vier Mal im Jahr und müssen bei jedem Wetter entladen werden. Dazu haben die Pitcairner große, offene Boote, die sie Long­boats nennen und die mit 2 starken Motoren betrieben werden. Die Männer von Pitcairn haben viel Ge­schick und große Übung darin, auch bei starkem Wellengang diese Longboats längsseits der Fracht­schiffe zu halten, die Container abzuladen und dann über die Brandungswelle sicher an Land zu bringen.

 

Gleich bei unserem ersten Landgang wurden wir von Jeff, dem Dorfpolizist und gleichzeitig Immi­grationsbehörde sowie Heather, die Tourismusbeauftragte, sehr herzlich empfangen. Die Einklarie­rung (Pitcairn gehört zu Neuseeland) erfolgte formlos in der Schiffsremise und Heather über­gab jede Menge Informationsmaterial und nahm uns mit ihrem Fahrzeug gleich mit zum Dorf­platz. Das Dorf, Adamstown, befindet sich ca.100m über dem Meeresspiegel. Es hat einen überdachten Dorfplatz, um den herum die Ortsverwaltung, die Post, der Versammlungsraum sowie die Biblio­thek gebaut sind.

 

Am zweiten Tag unserer Ankunft hat es sich so ergeben, dass wir eine öffentliche Gemeinderatssit­zung besuchen konnten und lernten dabei den Großteil der Bevölkerung kennen. Die Inselbewohner brachten in dieser Sitzung einem Delegierten aus Neuseeland einige ihrer Probleme vor, so zB das Fehlen eines Notfallplanes bei Wasserknappheit, wie derzeit auf Pitcairn akut, ein Problem mit dem Internet (leider! Auch wir konnten keinen Internetkontakt herstellen während unseres Aufenthaltes) sowie ausblei­bende Unterstützungsgelder vom Mutterland Großbritannien.

 

Auf unserer weiteren Inselerkundung, mittlerweile waren wir sehr durstig, stießen wir auf ein Schild Christian's Café. Wir näherten uns der Eingangstür und hörten sofort das hier typische 'come in'. Und schon standen wir mitten im großen Wohnzimmer von Tom und Betty Christian. Betty ist in 6. Generation Nachfahre von Fletcher Christian. Wir verbrachten einige Zeit plaudernd mit den beiden, wobei sie uns mit Kaffee und Bananenkuchen verwöhnten. Dabei erzählten sie uns u.a. auch von ihren vielen Reisen, die sie unternommen hatten, wobei sie auch Wien besuchten.

 

Gestärkt traten wir dann den Weg zu Christian's Höhle an. Dort hat er sich zeitweise vor den ande­ren Inselbe­wohnern sowie eventuell vorbeifahrenden Schiffen versteckt. Das heute daran faszinie­rende ist die Aussicht auf Adamstown und die Bounty Bay.

 

Für den nächsten Tag hatten wir geplant, auf die andere Seite der Insel zu gehen, um im St.Paul's Pool zu schwimmen. Dies wurde jedoch vereitelt, da sich in dieser Nacht die Erdbebenkatastrophe in Japan ereignete. Es gab auch für Pitcairn eine Tsunamiwarnung und wurden alle Schiffe – wir waren zu dritt in der Bounty Bay sowie ein großes Versorgungsschiff auf der anderen Seite der Insel – aufge­fordert, die Insel vorübergehend zu verlassen um in sicheres tiefes Gewässer zu fahren. Nach ein paar Stunden wurde der Alarm wieder aufgehoben und wir konnten umkeh­ren. Die Tsunamiwelle hat Pitcairn nicht mehr erreicht bzw. war bereits so klein, dass sie nicht mehr wahrnehmbar war. An diesem Abend waren wir in dem einzigen einmal wöchentlich geöffneten Restaurant, wo sich auch die Einheimischen gerne treffen. Es gab eine hervorragende Küche und nette Unterhaltungen.

 

Mittlerweile hatte der Wind aufgefrischt und die Dünung entsprechend zugenommen. Wir hatten hier erstmals eine sehr unruhige Nacht, die Delphin tanzte auf und ab und vollführte wahre Bocksprünge am Ankerplatz. Sobald es hell wurde, gingen wir Ankerauf und ver­ließen schnellstens diesen Platz. Auch die beiden anderen Segler folg­ten uns bald.

 

Bis zu den Gambier Inseln waren es ca. 300sm. Wir rechneten mit drei Tagen Fahrt, hatten aber diesmal guten achterlichen Wind und so erreichten wir unser Ziel, Mangareva, bereits mittags des über­nächsten Tages. Kaum passierten wir den Pass in die weitläufige Lagune der Gambier Inseln, segelten wir ruhig wie auf einem See. Die riffgespickte Einfahrt nach Mangareva, ist gut mit See­zeichen markiert und so erreichten wir sicher unseren vorläufigen Ankerplatz vor dem Hauptort Ri­kitea.

 

'Willkommen in der Südsee' hieß es bald von unserem Nachbarn, Günter, aus dem Schwabenland, der hier mit seiner Reinke 12M bereits seit längerer Zeit liegt. Von ihm erfahren wir gleich viel Wis­senswertes für Neuankömmlinge zB wo sich die Polizei, der Bäcker und Fritz, Trans Ocean Stütz­punktleiter für die Gambier Inseln, befinden.

 

Der Polizist, bei dem man sich als Einreisender sofort zu melden hat, hatte heute keine Lust mehr und lud uns für den kommenden Tag vor, der Bäcker hatte - ausnahmsweise - noch ein Franzosen­brot für uns und Fritz ein kühles Bier und viele Geschichten über Segler und seine Vergangenheit als franzö­sischer Legionär. Seine Waschmaschine und sein Auto stellte er uns ebenfalls großzügig zur Verfü­gung. Am nächsten Tag hatte er am Fahnenmast, den er auf seinem Grundstück am Ufer aufgebaut hat, die österreichische Flagge zu unserer Begrüßung gehißt.

 

Die Ortsbesichtigung war schnell erledigt. Es gibt nur eine Straße, parallel zum Ufer. Rikitea ist ein sehr sauberer und hübscher Ort, mit schönen Häusern und gepflegten, blühenden Gärten. Die Men­schen grüßen uns freundlich und lächeln. Markant ist die große Kirche, die größte Polynesiens, die sich am Ende des Dorfes befindet. Derzeit wird sie aufwändig restauriert und renoviert, sodass man das In­nere, das mit Perlmutt ausgeschmückt sein soll, leider nicht besichtigen kann. Bei der Errich­tung dieses und auch vieler anderer kirchlichen Bauten auf den Inseln ringsum, die auf den fanati­schen belgischen Geist­lichen Laval zurückgehen, kamen viele der einheimischen Arbeiter ums Le­ben.

 

Überall auf Mangareva stößt man auf Ruinen von Steinbauten, die ebenfalls Laval errichten ließ und in die er die Polynesier umsiedelte. Er erwies ihnen dadurch jedoch keinen Gefallen. Durch die feuchten und kühlen Häuser wurden sie krank und starben reihenweise an Lungenentzündung.

 

Heute leben die Menschen von den Gambier Inseln sowie den Tuamotus hauptsächlich von der Zucht der schwarzen Perle. Diese wird in einer speziellen Austernart produziert, die hier optimale Bedingungen vorfindet. Dadurch sind die ca. 800 Bewohner Mangarevas zu Wohl­stand und einige sogar zu Reichtum gekommen. Dies besonders seit sich die Japaner für diese Per­len interessieren. Man begegnet diesen Perlen­farmen sozusagen auf Schritt und Tritt. Jede Bucht hat ihre ins Meer gebaute Perlenfarm.

 

Leider grassiert in diesem Südseeparadies die Fischkrankheit Ciguatera. Von Ciguatera betroffene Fische tragen ein Gift in sich, das für sie ungefährlich, für uns Men­schen aber in größeren Mengen schwer krank machend, in schlimmen Fällen sogar tödlich sein kann. Die Fische bekommen dieses Gift durch Fressen einer toxische Alge, die sich auf sterbenden Korallen bildet und diese überzieht. Das Gift wird im Körper der Fische gesammelt und gelangt durch die Nah­rungskette in alle hier lebenden Fische. Das Problem besteht darin, dass von Riff zu Riff die Ver­hältnisse sich laufend ändern und man nie genau weiß, welches Riff gerade betroffen ist und wel­ches 'gesund'. Auch die einheimische Bevölkerung kann dies oftmals nur durch 'Versuch und Irrtum' feststellen. Wobei sie doch ziemlich genau wissen, wo es bedenklich ist, Fische zu fangen und zu es­sen und wo nicht. So wurden wir auch hier in Rikitea ausdrücklich davor gewarnt, Fische für den Verzehr zu fangen.

 

So begnügen wir uns damit bei unseren Ausflügen zu den Motus (Inseln am Riff), in dem glasklaren Wasser beim Schnorcheln jede Menge bunte Fische zu beobachten. Gewöhnungsbedürftig sind je­doch die immer wieder auftauchenden Haie, die hier angeblich harmlos sind. Aber wissen die Haie das auch? Auf den Motus spaziert man in unglaublich feinem Korallensand, aber am besten immer den Blick nach oben gerichtet, um zu verhindern, dass einem eine Kokosnuss auf den Kopf fällt.

 

Als Ausgleich zu den ungenießbaren Fischen, konnten wir auf unserer Rundfahrt über die Insel mit Fritzens Auto jede Menge Obst pflücken: Pampelmusen, Mangos, Papayas, Bananen, Kokos­nüsse, Zitronen, Chilischoten und Avocados.