Moais auf der Osterinsel
Moais auf der Osterinsel

Februar 2011

 

Zwischen uns und unserem nächsten Ziel, der Osterinsel, lag nun viel Wasser. Es galt eine Distanz von ca. 1.700 sm zu überwinden. Unsere bisher längste Überfahrt.

 

An den ersten beiden Tagen segelten wir mit einem 15kn Südwind nach Norden, da wir ab einer Breite von ca.30° Süd den beständigen Nordost Passat erwarteten. In diesen ersten Tagen hatten wir wunderbares ruhiges Segeln mit wenig Welle. Als der Wind dann drehte, richteten auch wir unseren Bug Richtung Westen zu unserem Ziel. Die Welle wird zwar etwas höher, dafür machen wir aber dank des auffrischenden Windes gute Etmale (= während eines Zeitraumes von 24 Stunden zurückgelegte Strecke) mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 7 kn.

 

Wie üblich, waren auch bald erste Reparaturen auszuführen. So zB Austauschen eines Schlauchs beim Generator, der über ein Leck Wasser aus dem Kühlkreislauf in die Bilge abließ sowie neuer­liches Platzen des Wasserschlauchs unseres Wasserleitungssystems. Für Erich bereits Routine und so war bald wieder alles perfekt.

 

In den Nächten, die bereits wunderbar warm waren, genossen wir den herrlichen Sternenhimmel mit dem uns bereits vertrauten Sternbild 'Kreuz des Südens'. Die uns ebenfalls vertrauten Squalls, die meist nachts über uns herfielen, hielten besonders Erich teilweise schön auf Trab. Da es doch jedes Mal hieß Segel verkleinern und hernach wieder ausreffen. Meist waren diese Manöver berech­tigt, da der Wind in den Squalls mit 30 bis 35kn blies, manchmal brachten die schwarzen Wolken jedoch nur Regen und die Segelmanöver waren lediglich eine Fleißaufgabe.

 

Wir versuchten auch immer wieder einen Fisch zu erwischen, was jedoch nicht gelang: Hatten wir endlich einen Biss, konnten sich die Biester immer wieder befreien, bevor wir sie an Bord holen konnten und in unsere Pfanne. Ein besonders großes Tier hat sich in unserem Haken dermaßen un­glücklich verhängt, dass es beim Losreißen sein Auge geopfert hat. Wir hatten beim Einholen ein über 3cm großes Auge am Haken. Sehr gruslig. Der arme Fisch!

 

Ein paar kleinere Tintenfische sowie fliegende Fische landeten zwar auf unserem Deck, wir konnten diese jedoch nur als Köder – wie bereits erwähnt erfolglos – verwenden.

 

Am Nachmittag des 11. Februar hatten wir zunächst Flaute, dann leichter Nieselregen und inner­halb von wenigen Minuten Wind der Stärke 30 bis 35kn. Dies war der 'rauhe' stille Ozean! Nachfol­gend natürlich hohe Wellen. Eine davon, besonders vorwitzig, brach an unserer Seite mit einem lau­ten Rummmms und stieg ins Cockpit. Dies passierte uns erstmals auf der gesamten Reise. Das laute Geräusch holte Erich aus der Koje und hat mich im oberen Salon erschreckt. Es ist jedoch nichts passiert und das Wasser wieder schnell abgelaufen.

 

Die dominierende Windstärke war aber zwischen 12 bis 15 kn aus östlicher Richtung und brachte uns gut vorwärts. Besonders die letzte Nacht vor unserem Landfall fuhr die Delphin, als gelte es ein Rennen zu gewinnen. Und tatsächlich dürfte sie ihren eigenen Geschwindigkeitsrekord gebrochen haben: Wir hatten mit einer Ankunft frühestens zu Mittag oder nachmittags gerechnet. Wir konnten jedoch bereits im Morgengrauen die Osterinsel groß und deutlich vor uns sehen und um 10.00 Uhr fiel der Anker vor dem Hauptort der Insel Hanga Roa in der Nähe der beiden holländischen Yach­ten 'Rhythm of Life' und 'Nightfly'.

 

Nun waren wir also auf der geschichtsträchtigen und mystischen Südseeinsel Rapa Nui, Nabel der Welt, wie die Osterinsel von den Einheimischen genannt wird. Sie liegt 3500 km vom chilenischen Festland in Osten und ca. 2.100 km von der nächsten besiedelten Insel (Pitcairn 60 Einwohner) im Westen entfernt.

 

Gleich vom Boot aus konnten wir die ersten der großartigen Statuen erblicken, die weltberühmten, aus vulkanischem Tuffstein gehauenen riesigen Skulpturen. Die sogenannten Moais können uns jedoch nicht er­blicken, da alle diese Statuen – mit einer einzigen Ausnahme – ihren Blick ins Inselinnere gerichtet haben. Wahrscheinlich um den Bewohnern ihren besonderen Schutz angedeihen zu lassen.

 

Im Zuge unserer Reisevorbereitungen haben wir über den Ankerplatz vor Hanga Roa gelesen, dass dieser sehr unruhig und zeitweise unbenutzbar ist, weil er dem Schwell des Pazifiks ausgesetzt ist. Dies mag ja oft­mals stimmen, wir hatten jedoch während unserer Aufenthaltsdauer das Glück, eine relativ ruhige See zu haben.

 

Mit dem eigenen Dingi passierten wir ohne Probleme die schmale Einfahrt in den winzigen nur für kleine Boote zu befahrenden Hafen. Rechts und Links von uns rollten die brechenden Wellen an Land, in denen sich viele Kinder und Jugendliche der Insel vergnügten und sich sehr geschickt auf ihren Surfbrettern bewegten.

 

Auf unserem Weg zum Grüß Gott Sagen bei der chilenischen Armada, trafen wir auf die beiden Crews unserer Nachbarschiffe. Rhythm of Life hat ja die Reise vom Juan Fernandez Archipel bis hierher zeitgleich mit uns, jedoch immer ausser Sichtweite, unternommen.

 

Warren und Maria von der Nightfly kannten wir bereits seit einem Jahr, jedoch nicht persönlich, le­diglich vom Funk her. Warren hat nicht nur einmal, wenn ich keine gute Verbindung zum Patagonia Net von Wolfgang hatte, für mich Relais gemacht. Zwei Beina­hetreffen hatten wir in Puerto Montt und Valdivia. Die Beiden besuchten unsere Delphin, wir waren jedoch jedes Mal ausgeflogen. So freuten wir uns diesmal besonders, dass wir uns endlich persön­lich kennen lernten.

 

Auch die Armada freute sich, uns zu sehen. So sehr, dass sie uns gleich aufforderten, länger bei ihnen zu bleiben: Wir hatten vorsichtshalber in Chile ausklariert, da wir ja aufgrund der vielen Reisebe­richte anderer Segler verunsichert waren, ob es für uns überhaupt möglich sein würde, auf den Osterinseln an Land zu gehen, aufgrund des starken Schwells, der hohen Brecher und überhaupt. Aber da wir jetzt wieder in Chile an Land waren, befanden die Herrschaften, dass wir eine neue Einklarierungsprozedur durchlaufen sollten. Was sich für uns jedoch als sehr angenehm herausstell­te, weil diesmal nicht wir die Fremdenpolizei, das Gesundheitsamt sowie den Zoll aufsuchen mussten, sondern die Armada diese Behörden telefonisch von unserer Anwesenheit verständigte und deren Vertreter zu sich beorderte. Wir verbrachten die annähernd 3 Stunden nett plaudernd mit dem hiesigen Armadachef in seinem klimatisierten Büro, bis wir wieder alle Stempel und Papiere zusammen hatten. Wir erhielten dabei gleich einige nützliche Informationen über die Insel.

 

Am nächsten Tag machten wir uns gleich auf die Socken und besuchten das Museum, um uns einen Einblick in die Geschichte sowie Kultur der Insel zu verschaffen. Beides ist sehr ausführlich doku­mentiert und mit vielen Gegenständen veranschaulicht. Man hätte viele Stunden mit dem Studium verbringen können. Wir beließen es jedoch bei einem groben Überblick, zumal uns in dem unklima­tisierten Raum des Museums der Schweiß in Bächen runtergeronnnen ist. Am meisten fasziniert hat mich die Vitrine mit den Schrifttafeln. Obwohl die ursprünglichen Bewohner der Osterinsel eine Art Schrift hatten, weiß man von ihnen sehr wenig und ist oftmals auf Mutmaßungen und Vergleichen zu Polynesien angewiesen. Diese Schriftzeichen, welche in Holztafeln graviert sind, gehört zu den Bil­derschriften. Sie stellt – vermutlich – eine Lehrhilfe für Gesänge dar. Diese berichteten aber wiederum über das Leben und besondere Ereignisse. Die einzelnen Zeichen konnten bis heute nicht 'übersetzt' werden und hofft man darauf, dass der Code doch noch eines Tages geknackt werden kann und wir dann mehr über die ursprünglichen Bewohner erfahren.

 

Die heute ca. 4000 auf der Insel lebenden Menschen kommen zu 1/3 vom chilenischen Festland. Sie alle sind westlich orientiert, wobei die polynesisch abstammenden Bewohner sich wieder vermehrt ihrer Traditionen bewusst werden und diese auch im verstärkten Maße leben, was sich in Kleidung, Körperschmuck, sprich Tätowierungen, sowie Handarbeiten ausdrückt. Die in verschie­denen Restaurants und Hotels dargebotenen Tanzveranstaltungen, die eindrucksvoll einen Teil der polynesischen Kultur darstellen, werden nicht nur für die Touristen aufgeführt.

 

Vom eher kargen, entwaldeten und durch exzessive Tierhaltung ausgelaugten Boden konnten wir uns beim dreistündigen Marsch zu den 'Dos ventanas', zwei zum Meer hin offene Höhlen, machen. Der Boden ist sehr sandig, trocken und eher steppenähnlich. Gelegentlich sieht man trotzdem saftiggrü­ne, bunt blühende Bäume und Sträucher. Es gibt Wiederaufforstungs­versuche, die sich jedoch noch in einem sehr bescheidenen Rahmen halten. Bei einer Inselrundfahrt zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten stießen wir auch immer wieder auf kleine Eukalyptuswälder.

 

Auf der ganzen Insel verstreut stehen und liegen an die 1000 Moais, mit denen die Ahnen geehrt werden sollten. Einige wurden wieder originalgetreu restauriert und aufgestellt. Wäh­rend der Stammeskriege auf der Insel wurden alle umgestoßen und viele zerstört. In Anbetracht der Größe der Monumente eine unvorstellbare Menge. Eindrucksvoll zu besichtigen ist die sogenannte Werkstatt, wo die Figuren aus dem Stein gehauen wurden und von wo aus sie dann zu ihrem Be­stimmungsort rund um die Insel – kein Mensch weiß genau wie – transportiert wurden.

 

Der kurze Weg vom Steinbruch zum nahen Kraterrand des Vulkans Rano Raraku - die Osterinsel be­steht aus drei Vulkanen - lohnt auf jeden Fall. Man wird mit einem wunderschönen Blick über den mit Regenwasser gefüllten Krater, an dessen Rand ein besonderes Schilf wächst, belohnt. Auch hier befinden sich Moais sowie eine Ausgrabungsstätte, wo wir den Archäologen bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen durften.

 

In Sichtweite davon befindet sich ein Ahu, auf dem sich 15 Moais befinden. Der größte je ge­baute Ahu. Ahus, das sind Grabstätten und Zeremonienplätze, auf denen die Moais aufgestellt wur­den.

 

Folgt man der Straße weiter, kommt man zum schönsten Sandstrand der Insel, Anakena, der zum Baden einlädt und wo sich wiederum ein Ahu befindet. Diese Moais tragen zum Teil noch den roten 'Haarschopf' oder 'Hut', der wiederum von einem anderen Steinbruch auf der Insel stammt. Von diesem Steinbruch aus hat man einen wunderbaren Blick über einen Teil der Insel und auf Hanga Roa.

 

Unsere letzte Besichtigungsstätte unserer Inselrundfahrt mit dem gemieteten Moped lag ebenfalls oberhalb Hanga Roas, und zwar am Vulkan Rano Kau mit seinem fantastischen Ausblick auf die drei vorgelagerten Vogelinseln sowie dem grünen Kratersee. Am Rand des Kratersees befindet sich die wichtige Zeremonialstätte Orongo, wo der 'Vogelmannkult' einmal jährlich in Szene gesetzt wurde, um den Häuptling für das kommende Jahr zu bestimmen. Dieser Kult wurde anschaulich in Cevin Costners Film 'Rapa Nui' dargestellt.

 

An unserem Abschiedsabend auf der Osterinsel haben wir uns ein schmackhaftes Thunfischmenü auf einheimische Art zubereitet und eine Tanzshow gegönnt. Die Show beeindruckte uns durch wunderschöne Kostüme, harmonische und elegante Bewegungen der Tänzerinnen sowie kraftvolle, kriegerische Tänze der Jungs. Wir genossen auch die sie begleitende Musik als Vorgeschmack zur Südsee.

 

Nach 6 Tagen Aufenthalt verließen wir nach kurzer, unkomplizierter Abmeldung bei der Behörde die Osterinsel und somit endgültig Chile und Südamerika.