Isla Juan Fernandez oder: Isla de Robinson Crusoe
Isla Juan Fernandez oder: Isla de Robinson Crusoe

Januar 2011

 

Nach einem wunderschönen Sylvester-Neujahrsfest in Villarrica bei Wolfgang und Gaby, die uns sehr verwöhnten, kehrten wir wieder zur Delphin zurück, wo bereits Arbeit in Form von bestellter Unterwasserfarbe, die darauf wartete aufgetragen zu werden, unter dem an Land liegendem Schiff stand. So verlief dann im wesentlichen der ganze Monat Jänner mit Reparatur,- und Servicearbeiten sowie Vorbereitungen und Planungen für unsere nächste große Etappe. Diese sollte uns über die Inseln Robinson Crusoe, Osterinsel, Pitcairn nach Französisch Polynesien und im Dezember bis nach Neuseeland bringen. In den kommenden 12 Monaten haben wir ca. 7.000sm (knapp 13.000 km) vor unserem Kielwasser und träumen wir davon, das Paradies Südsee als Herz­stück der Reise geniessen zu können.

 

Die Überfahrt zu der Juan Fernandez Inselgruppe beginnt mit Hindernissen. Wir sind am 22.01. 2011 startklar und gut vorbereitet für unsere große Überfahrt. Ganz zum Schluss erwarten wir noch die Behörden, die uns an Bord besuchen, um uns auszuklarieren.

 

Die Armada erscheint pünktlich begleitet von einer Beamtin der Gesundheitsbehörde und überprüft nochmals auf Herz und Nieren, ob wir alle möglichen Sicherheitsvorschriften eingehalten haben und alle Rettungsmittel an Bord hätten. Nachdem diese Befragung und Überprüfung reibungslos ab­gelaufen war, kam auch schon der Beamte der Emigration. Kurz vor der Anbrin­gung des Ausreise­stempels, stolperte der überaus freundliche aber auch gewissenhafte Beamte über unsere Aufent­haltsdauer seit Wiedereinreise aus Österreich. Nachdem wir bereits 120 Tage ununter­brochen in sei­nem schönen Land waren, anstatt der erlaubten 90 Tage, war er der Meinung, uns den Stempel nicht ge­ben zu können und kassierte unter vielen Entschuldigungen seinerseits unsere Pässe. Da half alles Bitten und Betteln nichts, wir würden in den Dienststunden in seinem Büro er­scheinen müssen, wo eine Überprüfung des illegalen Aufenthaltes durchgeführt werden würde. Wie sich heraus­stellte, wurden wir in einer kleinen 'Filiale' der Behörde in Cochran falsch informiert und kam es deshalb zu der unerlaub­ten Überziehung unsererseits.

 

Nach dieser unfreiwilligen Aufenthaltsverlängerung am Festland Chiles um 2 Tage durften wir dann am Montag, den 24. Januar nach einer Menge Papierkram, wofür wir ca. € 3,00 (!) zu bezahlen hatten, Valdivia verlassen.

 

Draußen am Pazifik empfing uns sodann gleich eine hohe Welle und kräftig Wind bis 40kn. Die zu­vor eingenommene Fischmahlzeit hätte ich mir sparen können. Eine gemächlich vorbeiziehende rie­sige Meeresschildkröte schenkte uns nur kurz ihre Aufmerksamkeit. So ging es in rasanter Fahrt und bei schönem Wetter in 3 Tagen zur Juan Fernandez Insel, auch Isla Robinson Crusoe genannt.

 

In der Bahía Cumberland, vor der einzigen Stadt der Insel, San Juan Bautista, fanden wir einen gu­ten und sicheren Ankerplatz, wo aber die Delphin dem Pazifikschwell ausgesetzt war. Die beiden Segelschiffe aus Holland, Rhythm of Life sowie Rebellion, lagen hier bereits vor Anker. Rhythm of Life kennen wir aus dem südlichsten Yachthafen der Welt, aus Puerto Williams, Rebellion von Valdivia. Rebellion ist eine 7m Yacht! Auf beide Schiffe treffen wir wieder auf den Osterinseln.

 

Die kleine Insel hat ihre Bekanntheit nicht nur durch den von Daniel Defoe verfassten Roman 'Robinson Crusoe' über das Leben des schottischen Seemanns, Alexander Selkirk, der sich hier 1704 auf der Insel aussetzen ließ, sondern geriet auch durch Versenken des Kriegsschiffes 'Dresden' im Ersten Weltkrieg durch die Engländer in der Cumberlandbucht in den Blickpunkt der Weltöffent­lichkeit.

 

Wir erwanderten uns bei strahlendem Sonnenschein und 27° Grad Temperatur den Aussichtspunkt, von wo aus Selkirk so viele Male vergebens auf vorbeiziehende Schiffe hoffte. Dieser befindet sich ca. 600m ü.d.M. und bietet einen atemberaubenden Blick auf die Nord.- sowie Südseite der Insel, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Hier dichter Bewuchs, Dschungel, dort kahle, brau­ne Abhänge. Da wir von hier aus auf die ankernde Delphin blicken können und nicht auf ein zufällig vorbeikom­mendes Schiff hoffen müssen, genießen wir diese grandiose Landschaft auch sicher entspannter als seinerzeit der gute Alexander!

 

Auf unserer Inselwanderung bleibe ich immer wieder stehen, um die außergewöhnliche Flora zu bewundern. Ich sehe hier Pflanzen, die ebenfalls in den Anden gedeihen neben solchen, die man auch auf Hawai findet. Jedenfalls jede Menge riesige Hibiskusblüten in allen Farben. Wir hat­ten auch das Glück bei der Rückkehr zum Hafen einen der bereits vom Aussterben bedroht gewe­senen speziellen Insel Seelöwen zu beobachten. Die Population dieser Seelöwen soll sich heute wie­derum von seinerzeit 150 Exemplaren auf nunmehr 9000 belaufen. Der ebenfalls sehr seltene Juan Fernandez Colibri, dessen Männchen knallrot ist, flitzt auch schnell an uns vorbei.

 

Auf der Suche nach einem Internetcafé lernen wir einen jungen Mann namens Rudi kennen, der hier mit seiner Familie sowie seinen Eltern seit vielen Jahren lebt. Er bietet uns sofort an, mit zu ihm zu kommen, um seinen privaten Internetanschluss zu benützen. Diese Hilfs.- sowie Gast­freundschaft erscheint mir für die rund 700 Einwohner dieser Insel typisch zu sein. Rudi sowie seine Eltern ha­ben bei dem vor einem Jahr in Chile stattgefundenen Erdbeben mit anschließendem Tsunami alles verloren. Sie besaßen eine Anlage mit Cabanas, also kleinen Häuschen, die sie an Touristen vermie­teten. Sie haben sich aber selbst wiederum 3 kleine Häuser, diesmal etwas höher gelegen, aufge­baut. In einem davon betreiben die Eltern ein kleines Geschäft, in den anderen beiden wohnen die Familien. Rudi hat eine kleine Mechanikerwerkstatt, versteht etwas von Elektrik und lebt auch vom Fisch.- und Langustenfang sowie dem Tauchtourismus.

 

Am Ufer entlang kann man noch deutlich die Spuren des zerstörerischen Tsunamis sehen. Die Straße, die jetzt erst wieder neu fertiggestellt wird, die Fundamente der weggerissenen Häuser, kleine weggespülte Brücken, ein Park, der gerade wieder neu angelegt wird sowie die ein Jahr alten Gräber im Friedhof.

 

Wir besuchten auch die auf einer Anhöhe liegende Verteidigungsanlage der Spanier gegen Piraten und Freibeuter sowie die in dessen Nähe liegenden Bunker. Hier hat man 1814 ca. 40 aufständische im Kampf von Ancangagua unterliegende Rebellen in feuchte in die Erde gehauene Höhlen jahre­lang einge­sperrt. Diese Höhlen gelten als das erste politische Gefängnis Chiles und haben deshalb einen ge­wisse Bedeutung.

 

An unserem letzten Tag auf Juan Fernandez lassen wir es uns nicht nehmen, eine nur hier leben­de besondere Langustenart zu probieren: Juan Fernandez Langusto. Wir haben es nicht bereut und träumen noch heute von der Schlemmerei. Hmmmm......

 

Übrigens hätte Selkirk nicht so lange, nämlich 4 Jahre und 4 Monate, auf der Insel verharren müs­sen, wäre er gleichzeitig mit uns angekommen: Am Tag nach unserer Ankunft kam ein großes Schiff der Armada, welches direkt ans Land fuhr, um seine Vorderluke zu öffnen und Baugeräte und vieles mehr auszuladen. Bei der Abreise wurden noch viele Säcke mit Bauschutt aus dem Tsunami­unglück verladen und mitgenommen.

 

Zwei Tage danach kam ein riesiges Kreuzfahrtschiff mit wahrscheinlich Tausend oder mehr Tou­risten in unsere Bucht. Sie überschwemmten im Nu das kleine Dorf, kauften uns alle Ansichtskar­ten vor der Nase weg (sorry liebe Familie!) und waren so schnell wieder verschwunden wie sie ge­kommen waren. Zeitgleich mit diesem Kreuzfahrtschiff kam auch der große Bruder der Delphin, eine 46m lange Yacht, die einstmals als größter Einmaster der Welt galt und heute verchartert wird.

 

Nach nur 4 Tagen, am 31. Jänner verlassen wir die Insel, um die mystische Welt der Osterinsel zu besuchen.

 

Juan Fernandez sowie die Osterinseln gehören politisch beide zu Chile, wobei erstere noch zu Süd­amerika zählen, letztere bereits Polynesien, also Südsee, angehören.

 

Damit haben wir nach ungefähr 2 Jahren Südamerika diesen herrlichen, brodelnden, mitreißenden, faszinierdenden aber auch sehr widersprüchlichen Kontinent verlassen. Es ist nicht auszuschließen, dass wir wieder hierher zurückkommen …..