Wir, Erich und Christiana, in Vanuatu Tracht
Wir, Erich und Christiana, in Vanuatu Tracht

Oktober 2013

Der Oktober 2013 startete mit einem Geburtstagsfest auf der Delphin für Roland von der Connivence sowie für mich (Christiana). Mit dabei waren Christian und Christine von der SY Thor sowie Kalo vom nahe gelegenen Dorf Tasiriki auf der Insel Moso. Roland und Christian als passionierte Köche haben für ein schmackhaftes Geburtstagsessen gesorgt.

 

Im weiteren Verlauf dieses Monates haben wir unsere freundschaftlichen Beziehungen zu den Dorfbewohnern der umliegenden Dörfer Tasiriki, Sunae und Meten vertieft und immer mehr Einblicke in das dörfliche Leben auf der Insel Efate in Vanuatu gewonnen. Besonders Kalo und Abel haben uns jeweils mit ihren Familien herzlich aufgenommen. Wir wurden mehrmals zu Abendessen eingeladen und nicht nur mit einem schmackhaften Mahl, bestehend aus Hühnchen, Fisch, Reis, Kochbananen, Salaten, Yams, Laplap und Papaya, verwöhnt, sondern zu unserer Überraschung erhielten wir auch jeweils ein Geschenk. Kalo erklärte uns diesen Brauch (Kastom) seines Volkes, indem er ausführte, dass die Gastgeber zum Zeichen der Ehrerbietung, Gästen, die das erste Mal in ein Haus eingeladen wurden, Geschenke überreichen wie zB ein traditionelles Kleid (Mother Hubbit genannt), Hemden, geflochtene Taschen oder Matten. Wir besitzen mittlerweile 3 Kleider, 1 Hemd, 2 geflochtene Handtaschen und einen aus Pandanusblättern geflochtenen Rucksack.

 

Das Zuhause jeder Familie besteht aus jeweils 3 Hütten: eine Kochhütte, eine Schlafhütte sowie ein Toilettenhäuschen. Zumeist sind die Hütten aus natürlichen Baumaterialien. Es wird aber auch viel Wellblech verwendet und daneben gibt es auch immer mehr Ziegelsteinhäuser, besonders hier auf der Insel Moso, wo vor vielen Jahren ein Cyclon das Dorf zerstört hat. Mit den Wellblechdächern wird Regenwasser für Trinkwasser gesammelt. Im Inneren der Häuser oder Hütten gibt es kaum Möbel. Gegessen wird auf geflochtenen Matten, geschlafen auf Matratzen. Die Wände sind sehr schön mit bunten Stoffen verhangen. Gekocht wird zumeist neben dem Kochhaus, wo es eine offene Feuerstelle gibt.

 

Eines Tages erhielten wir von Abel eine Einladung in sein Dorf zu einem ganz besonderen Ereignis: es sollten 13 kleine Kauribäumchen gepflanzt werden. Zu diesem Anlass waren etliche Vertreter des 'Department of Forestry' sowie das Fernsehen eingeladen. Hintergrund der Aktion war, dass vor einem Jahr in einem groß angelegten Programm auf der Insel Moso oberhalb des Dorfes Sunae über 5000 Sandelholzbäumchen gepflanzt wurden. Sandelholz verwendet man u.a. zur Gewinnung eines sehr teuren Öles, welches in der Kosmetikindustrie weiter verarbeitet wird. Da jedoch die Insel Moso lediglich über Regenwasser verfügt, was in der trockenen Jahreszeit oftmals zu Engpässen führt, hofft man, dass die Kauribäumchen, die rund um einen kleinen natürlichen Teich gepflanzt wurden, später einmal viel Flüssigkeit binden und den Teich vor einem vorzeitigen austrocknen schützen soll. Mit dem Wasser des Teiches werden die Sandelholzbäume begossen. Die frisch gepflanzten Bäumchen mussten auch noch mit einem Drahtgeflecht vor den auf der Insel zahlreich vorhandenen wild lebenden Kühen, Ziegen und Schweinen geschützt werden, die in diesen trockenen Tagen einen Happen frischen Grüns nicht verschmähen würden. Frühestens in 15 Jahren kann mit der ersten Nutzung des Sandelholzes gerechnet werden, so ist dieses Projekt eine Zukunftssicherung des Dorfes Sunaes.

 

Im Laufe dieses Ereignisses wurden von Abel, der nicht nur der Sohn des Chiefs des Dorfes von Sunae ist, sondern auch einen politischen Posten inne hat, der dem eines Landtagsabgeordneten entspricht, und Mitgliedern des Departments of Forestry lange Reden gehalten, die wir leider, da in der allgemeinen Landessprache Bislama abgehalten, nicht verstanden. Da die Kirche in Vanuatu und in den Köpfen der Menschen eine große Rolle spielt, war natürlich auch noch ein Geistlicher anwesend, der dem ganzen Unternehmen mit vielen Worten seinen Segen gab. Weil es weder in Sunae noch in den anderen Dörfern im Havannah Harbour ein Fernsehgerät gibt, haben wir nie erfahren, ob das kurze Interview, das wir anlässlich der Pflanzung 'unseres' Bäumchens gegeben haben, auch im hiesigen TV ausgestrahlt wurde.

 

Eine weitere Erfahrung mit einer in Vanuatu sehr weit verbreiteten Sitte (oder Unsitte?) haben wir ebenfalls erstmals hier im Havannah Harbour kennen gelernt: Und zwar das Kavatrinken. Im Gegensatz zB zu Tanna, wo das Kavatrinken den Männern vorbehalten ist, dürfen hier auch Frauen diesem zweifelhaften Vergnügen nachgehen. Bei der erstbesten Gelegenheit fuhren wir also mit Kalo in seinem kleinen Taxiboot zu einer der zahlreichen Kavabar's, die an der Hauptstraße liegen, wo diese nahe am Ufer vorbeiführt. Diese Bars bestehen nur aus einer relativ offenen Holzhütte. Täglich außer Sonntag wird ca. um 17.30 Uhr der stets frisch zubereitete Kava angeliefert und zum Zeichen, dass die Bar geöffnet hat, wird eine leuchtende Lampe vor der Bar angebracht. Ungefähr so wie bei unseren Heurigen.

 

Hier in Vanuatu ist es Brauch, dass man seine Schale Kava entgegennimmt, sich vom Kreis der Kavatrinkenden dann einige Schritte entfernt und für sich alleine das bräunliche Gebräu in einem Zug austrinkt. Sobald man absetzt, wird der Rest weg geschüttet. Die leere Schale wird dann gereinigt und später wieder verwendet. Vorgewarnt durch viele Berichte über Kava, in denen der üble Geschmack beschrieben wird, habe ich mich auf das Schlimmste vorbereitet und vorerst nur zögerlich daran gerochen. Aber als ich mich dann doch überwunden habe einmal eine kleine Schale zu probieren, muss ich gestehen, dass es bei weitem nicht so schlimm war. Der Geschmack war zwar etwas erden mit einer gewissen leichten Schärfe, was ja auch nicht verwunderlich ist, da Kava zu den Pfeffersträuchen gehört.

 

Eine erste Wirkung hat sogleich eingesetzt: Lippen und Gaumen fühlen sich pamstig und leicht taub an. Dies vergeht jedoch rasch wieder und nach der zweiten Schale fühlt man sich dann doch anders, vielleicht ein wenig berauscht, beschwipst oder high. Irgend etwas in dieser Richtung. Vanuatu Kava gilt als einer der stärksten. Die Wirkung ist aber auch wieder bald verklungen und so nach einer halben Stunde könnte man wieder von vorne anfangen, wobei ich vermute, dass die Wirkung sich dann aber verstärkt, wenn ich so in die Runde schaue … Erfahrene Kavatrinker, wie zB Kalo, haben uns eingeschärft nach dem Genuss von Kava unbedingt zu essen, da erst dann die eigentliche Wirkung einsetze. Das kann ich nicht bestätigen, vielleicht sollte ich das nächste Mal doch noch eine 3. Schale probieren. Eine weitere wichtige Regel beim besagt, Kava niemals mit Alkohol kombinieren. Mit meinen konsumierten 2 Schalen, kann ich dies ebenfalls nicht bestätigen, da mir das Gläschen Rotwein zum anschließenden Essen wie immer geschmeckt hat und keine ungewöhnlichen Reaktionen hervorgebracht hat. Wie beliebt und gebräuchlich das Kavatrinken hier ist, zeigt, dass es in dieser relativ schwach besiedelten Gegend ca. 15 bis 20 Kavabars neben einander gibt.

 

Zum Abschluss des Monats Oktober wurden wir nochmals zu einer Hochzeit eingeladen, und zwar heirateten Sam, der Schwager von Kalo, also Juliets Bruder. Herausgeputzt mit unserer Vanuatu Tracht erschienen wir um 8.00 Uhr morgens auf dem Fest. Ein Teil der Dorfbewohner war gerade damit beschäftigt, eine der beiden zu diesem Anlass geschossenen 'wilden' Kühe zu zerlegen.

 

Erster Programmpunkt der Heirat war wieder, wie wir es schon von der ersten Hochzeit, die wir vor ca. 1 Monat besuchten, wussten, die Übergabe des Brautpreises an die Familie der Braut. Dazu zählten ein lebendes großes sowie ein zweites kleineres Schwein sowie viele geflochtene Matten, ein ganzer Stoß Kleider, Reis, Kavapflanzen, Zuckerrohrpflanzen, riesige Mengen an Kochbananen etc. Dies alles wurde dann am Schluss der Hochzeitsfeierlichkeiten zum Haus des Bräutigams getragen. Während dieses Zuges der Braut mit ihrer Familie, wird diese von dem Lager des Bräutigams 'entführt' und symbolisch von ihrer Familie getrennt. Diesmal kam mir zusammen mit einer jungen Frau diese Ehre zu. Die Familie folgt jedoch der Braut und werden dann all die Brautgeschenke in das Haus des frisch vermählten Paares gebracht. (Dieses Paar hatte sogar im Haus ein richtiges Bett!). Sobald alles im Haus verstaut war, wurden nochmals kurze Ansprachen gehalten und an die einzelnen Familienmitglieder, die durch Geldzahlungen, Naturalien oder einfach durch ihre Arbeit wesentlich zum Hochzeitsfest beigetragen hatten mit Geschenken geehrt. Ich erhielt für meinen kurzen Anteil an dieser Hochzeit wiederum ein 'Mother Hubbit', ein traditionelles Kleid.

 

Nach dieser Verteilung erfolgte ein Zug zum Brautpaar (zumeist jedoch lediglich Frauen), die sich sehr Tränen reich und herzzerreißend von diesem verabschiedeten, obwohl Braut und Bräutigam aus dem gleichen 60 Seelen großen Dorf stammen und die Verwandten in ca. 1km Luftlinie auf der gleichen Insel wohnen.

 

Erwähnen möchte ich noch die Form der Begrüßung sowie Verabschiedung bei den Hochzeitsfeierlichkeiten, wie wir sie erlebt haben. Da zu den Hochzeiten jeweils hunderte Menschen geladen sind und es somit sehr unübersichtlich wird, wer wen bereits begrüßt hat, wird vor der kirchlichen Hochzeitszeremonie von den nicht im Ort wohnenden Gästen eine Menschenschlange gebildet. Die Dorfbewohner ihrerseits gehen, ebenfalls eine Menschenkette bildend, an den Gästen Hände schüttelnd und eine kurze Begrüßung murmelnd vorbei. Dabei wird jeweils Babypuder auf Hals und Haare gestreut zum Zeichen der Freude. Früher hat man an Stelle des Babypuders irgendwelche Samen o.ä. genommen.

 

Das Problem der Verabschiedung so vieler Menschen hat man dagegen in anderer Form gelöst. Während der kirchlichen Trauungszeremonie sind Dorfbewohner damit beschäftigt am Strand entlang in einer Reihe für alle besuchenden Familien kleine Häufchen mit Geschenken (Bananen, Yams, Fleisch, Kürbisse, Reis etc.) aufzubauen, diese sind mit den jeweiligen Namen der Empfänger versehen. Wenn nun ein Besucher die Veranstaltung verlassen möchte, sucht er seinen Namen und nimmt sein Geschenk zu sich. Dies bedeutet für den Einladenden sowie für den Gast gegenseitige Ehrerweisung und Dank. Eine mündliche Verabschiedung ist somit nicht mehr nötig.

 

Unsere Zeit im Havannah Harbour, wo wir einen sehr guten und interessanten Einblick in das Leben der Ni-Vanuatu (Einwohner Vanuatus) bekommen haben, viele liebenswerte Menschen kennen lernen durften und einige gute Freunde gewonnen haben, geht langsam zu Ende. Die drohende Flaute.- sowie anschließende Cyclonzeit nähert sich mit riesen Schritten und wir sollten uns auf den Weg in den Norden zu den Solomon Islands machen.