September 2009

 

Wie bereits angekündigt, haben wir die erste Septemberwoche in der Nähe der Stadt Rocha auf einer kleinen Estancia verbracht, um einige Reitstunden zu absolvieren. Wir hatten zum größten Teil herrliches Frühsommerwetter und haben diesen Ausflug sehr genossen. Die Landschaft rund um unseren Aufenthaltsort hat uns ein bisschen an die Toskana erinnert: sanfthügeliges weites grünes Land, jedoch noch ursprünglicher und weniger erschlossen als in Italien. Luci, die uns nicht nur die Grundbegriffe des Reitens beigebracht hat, sondern uns auch gut bekochte, ist gebürtige Österrei­cherin und so hatten wir auch keine Sprachschwierigkeiten. Wir bekamen von Luci zwei besonders gutmütige und bestens ausgebildete Pferde, sodass es für uns nicht besonders schwierig war, erste positive Reiterfahrungen zu sammeln. Bereits am dritten Tag konnten wir unter der Führung unserer Reitlehrerin einen kleinen Reitausflug auf die umliegenden Hügeln unternehmen. Eine besonders schöne und auch bequeme Art und Weise das weite Land hier zu erkunden.

 

Unseren anschließenden Ausflug zu den Wasserfällen von Iguazu haben wir dennoch nicht auf den Rücken der Pferde gemacht, sondern mit dem Autobus. Die Entfernung von Piriapolis, unserem derzeitigen Aufenthaltsort, zu den Wasserfällen beträgt ca. 1.500 km. Wir waren bei diesem Ausflug nicht alleine, sondern hat uns die Crew der Aleppo, Kurt und Karin, (unseren Lesern bereits u.a. be­kannt durch unseren Bericht von der Atlantiküberquerung) begleitet. Wir hatten uns auf dieses Wie­dersehen schon länger gefreut, nachdem feststand, dass die beiden mit dem Flieger nach Buenos Aires kommen würden, das hier sozusagen 'ums Eck' liegt.

 

Bevor wir jedoch zu den Wasserfällen aufgebrochen sind, musste natürlich das Wiedersehen gebüh­rend gefeiert werden. Danach ging es die kurze Strecke von Piriapolis nach Montevideo (ca. 1 Stun­de mit dem Bus). Nach einer Stadtbesichtigung mit anschließendem Abendessen und Übernachtung in Montevideo, buchten wir einen Bus nach Salto (Grenzstadt zu Argentinien). Diese Fahrt dauerte dann schon etwas länger, nämlich ca. 7 Stunden. Wir hatten einen Bus mit Halb-Liegesitze, sodass wir bequem reisten. Die Landschaft nach Salto ist wenig abwechslungsreich. Der Blick schweift zwischen Kuh-, Pferde.- und Schafherden. Für uns trotzdem interessant und sehenswert.

 

Um von Salto nach Puerto do Iguazu zu kommen, mussten wir zunächst über die argentinische Grenze nach Concordia. Von dort fahren die sehr bequemen Busse, die mit Liegesitzen und Bordservice ausge­stattet sind in 12 Stunden nach Iguazu. Wir haben einen Nachtbus genommen, sodass wir am nächsten Morgen an unserem Ziel angekommen sind. Nach einem kräftigen Frühstück und der er­folgreichen Zimmersuche, haben wir uns sofort zu den Wasserfällen aufgemacht, da wir einen Traumtag erwarten konnten: strahlender Sonnenschein und schön warm.

 

Die lange Reise hierher hatte sich jedenfalls ausgezahlt. Wir waren tief beeindruckt vom giganti­schen Ausblick auf die herabstürzenden Wassermassen. Ein unglaublich lautes Tosen, konnte man schon von weitem hören. Wie bereits die Äquatortaufe haben wir mit Kurt und Karin gemeinsam auch die Taufe durch die Iguazuwasserfälle vollzogen. Dazu buchten wir eine Fahrt in einem der Touristenboote, die bis direkt an die Wasserfälle heranfahren und sogar das Boot durch die Gischt des herabstürzenden Wassers lenken. Die Taufe fiel derart gründlich aus, dass wir bis auf die Unter­wäsche tropfnass aus dieser hervor kamen. Bei diesen Temperaturen ein Mordspaß. In dem riesigen Gebiet der Wasserfälle gibt es auch zahlreiche Pflanzen und Tiere zu bewundern. Besonders hervor­heben möchte ich die vielen unterschiedlichen Schmetterlinge sowie Vogelarten. So haben wir etli­che Stunden mit Staunen und Bewundern in dem großen Nationalpark verbracht.

 

Da wir uns gerade in dem Dreiländereck Argentinien, Brasilien, Paraguay befanden, nutzten wir die Gelegenheit, um am nächsten Tag auch einen kleinen Eindruck von Paraguay zu erhalten. Wir be­suchten die paraguayische Grenzstadt Ciudad del Este. Als erstes suchten wir das Hotel Austria auf, das in unserem Reiseführer empfohlen wird. Allein das Hotel war ein Grund hierher zu kommen. Es ist sehr sauber, freundlich und hat eine prächtige Blumenterrasse. Hier haben wir erst­mals wieder Leberknödelsuppe, Kartoffelsalat, Wiener Schnitzel und Apfelstrudel bekommen. Mmmmm. Als Nachkomme österreichisch-deutscher Auswanderer haben sich die Besitzer hier mit viel Fleiß ein kleines Paradies in der ansonsten schmutzigen Stadt geschaffen.

 

Paraguay an sich ist eines der korruptesten Länder in dieser Ecke der Erde. Man sagt, dass ca. 80% der hier fahrenden - nicht unbedingt zugelassenen - Autos gestohlen seien. Wir wurden erstmals seit langer Zeit wieder davor gewarnt, Schmuckstücke und Uhren zu tragen und auf unsere Handtaschen zu achten. Nichts desto trotz haben wir die Verkaufsstraßen mit den Hunderten Buden und Läden be­sichtigt und wurden auf Schritt und Tritt von Straßenhändlern mehr oder weniger aggressiv ange­sprochen. Verkaufsschlager hier sind anscheinend USB-Sticks, Söckchen, Taschenlampen, Sonnen­brillen und Viagra. Wir haben jedoch nichts davon gekauft. Um nicht mit ganz leeren Händen wie­der abzureisen, sind wir doch noch in einem etwas seriöser wirkenden Geschäft fündig geworden und haben ein Autoradio für die Delphin erstanden. Die Geschäftsleute hier sind hauptsächlich Araber, Chinesen und Europäer. Zum Abschluss besichtigten wir noch einen riesigen Einkaufstem­pel eines Libanesen, ein wahres Luxus-Einkaufscenter. Dort findet man alle auch bei uns bekannten Markenartikel in Kosmetik, Unterhaltungselektronik, Schmuck, Bekleidung etc. zu relativ günsti­gen Preisen und in einer top Präsentation.

 

In Ciudad del Este ist es dann leider auch wiederum so weit, dass sich der Weg von Kurt und Karin sowie der unsrige trennt. Unsere Freunde fahren weiter nach Brasilien und wir kehren zurück nach Piriapolis, wo wir gerade noch rechtzeitig vor Eintreffen eines Sturms auf unserem Schiff ankom­men.

 

Drei Tage später lud uns die Besatzung der 'Pi' aus Dänemark, Vibeke und Paul, ein, mit ihnen einen kleinen Landausflug in den Norden zu machen, da sie noch für ein paar Tage ein Auto gemietet hatten. Wir nahmen gerne an und so kamen wir in verschiedene kleine und auch größere Ortschaften des Landes. Eines hatten sie alle gemeinsam, und zwar der Aufbau der Orte war so ausgerichtet, dass sich in der Mitte ein Park oder ein Platz mit Kirche befand. Auf dem Platz stand jeweils die unvermeidliche Statue des Nationalhelden Artigas (mit oder ohne Pferd) und von diesem Platz aus waren alle Straßen des Ortes oder der Stadt parallel und im rechten Winkel dazu angelegt. Es war sehr einfach sich in diesem System zurechtzufinden.

 

Außerhalb der Orte gab es nur weite, flache Wiesen mit den bereits erwähnten Kuh.-, Pferde.- und Schafherden. Die dazu befindlichen Gehöfte (Estancias) lagen weit auseinander. Die Überlandstraßen waren zumeist schnurgerade, teilweise mit Palmen oder Eukayptusbäumen gesäumt.

 

Dennoch bei genauerer Beobachtung der Landschaft gab es einiges zu sehen:

  • Nandus (Straußenart)

  • Feldhasen

  • Überreste verendeter Tiere

  • unzählige Vogelnester auf den Zaunpfählen oder alten Strommasten

  • ebenfalls unzählige kleine grüne Papageien und etliche andere Vogelarten

  • Gauchos

  • enorme große Holztransporter

  • riesige Weizen,- und andere Felder

  • große Flächen hübscher Frühlingsblumen.

 

Ein sehr nettes Erlebnis ergab sich, als wir an einer einsamen Straßenkreuzung, die in fünf verschiedene Richtungen führte, uns in dem einzigen kleinen weißen Häuschen nach dem Weg erkundigten. Das Häuschen entpuppte sich als Kneipe samt Laden, mit allem, was man hier in der Wildnis braucht. Da wir bereits durstig waren, sind wir eingekehrt und hatten eine lustige Zeit mit den Gauchos, die ebenfalls gerade eine Pause machten.

 

In den beiden Städten Trinidad und Durazno haben wir jeweils genächtigt und wieder einmal ein riesiges Steakt verzehrt.

 

In Trinidad waren sehr viele Jugendliche unterwegs, da an diesem Wochenende das größte Rockfestival des Landes stattfinden sollte. Wir hatten deshalb auch Probleme bei der Zimmerbeschaffung und konnten gerade noch die letzten beiden Hotelzimmer (in der Stadt gibt es lediglich drei Hotels) für eine Nacht ergattern.

 

Durazno war geprägt von den bevorstehenden Landeswahlen, geschmückt mit unzähligen Wahlplakaten, Wahlfahnen und Lautsprecherautos. Es gab viele kleine Wahlveranstaltungen, auch mit Musik. Obwohl Duraznno eine Landeshauptstadt ist, gab es hier nur zwei Restaurants.

 

Einen Zwischenstopp zwischen den beiden Städten haben wir noch eingelegt, und zwar bei einem Naturschauspiel: der Gruta des Palacio in der Nähe von Andresito, ca. 45km nördlich von Trinidad. Diese Grotten sind bereits 70 Mio. Jahre alt und vom Regen ausgewaschene eisenhältige Felsformation mit einem wunderschön angelegten Park.

 

Am dritten Tag nachmittags hat das Wetter wieder umgeschlagen, es wurde kalt und regnerisch. Wir fuhren daher auf direktem Weg wieder zurück zu unseren Schiffen.