August 2009

 

Am 11. August ist es dann soweit, dass wir nach 6 Monaten von Brasilien endgültig Abschied nehmen müssen. Nach geglückter Motorreparatur und dem unplanmäßigen Ersetzen von den beiden Starterbatterien sowie einer Bordbatterie, erledigen wir die notwendigen Formalitäten bei den Behörden und starten um 14.15 UTC (11.15 Uhr Lokalzeit) zunächst bis zur nahe gelegenen Tankstelle, um diesmal auf alle Fälle dieselmäßig gut gerüstet zu sein.

 

Die Überfahrt von Rio Grande do Sul nach Uruguay ist sehr angenehm bei achterlichen und raumen Winden. Die tagsüber scheinende Sonne ist wärmend und so lassen wir uns von der Delphin und dem Autopilot gemütlich chauffieren. Lediglich in der 2. Nacht frischt der Wind ziemlich plötzlich von 15 auf 30 kn auf, sodass schnelles Reffen des Großsegels sowie Bergen der Genua und Setzen der Fock angesagt ist. Erich beherrscht diese Manöver bereits im Schlaf und macht es ihm deshalb auch nichts aus, dass wir stockdunkle Nacht haben. Kurze Zeit später haben wir jedoch dann wieder Flaute.

 

Uns begleiten wiederum viele Seelöwen und Pinguine. Am 13.08. bestaunen wir ganz aufgeregt erstmals Wale, die gemächlich mit nur wenig Abstand an der Delphin vorbeiziehen. Die sofortige Nachschau in unserem Wal.- und Delphinbestimmungsbuch ergibt, dass es sich um Südliche Glattwale oder auch Südkaper genannt, handelt. Die typischen Hautverdickungen, die wie Riesenwarzen aussehen, auf den beiden Kiefern sowie über den Augen sind deutlich zu erkennen. Leider können wir keine gut erkennbare Fotos schießen, da auch die neue erst drei Monate alte Kamera defekt ist und wir somit wiederum auf die ebenfalls ‚marode‘ Altkamera zurückgreifen müssen. Ein Neukauf einer vernünftigen Kamera im nächsten Hafen ist bereits fest eingeplant.

 

Wenig später passieren wir symbolisch die Grenze zwischen Brasilien und Uruguay und wird sofort der fällige Flaggenwechsel durchgeführt und feierlich mit einem Gläschen Sekt begossen.

 

Kurz vor der Einfahrt in unseren Zielhafen Piriapolis (ca. 100km vor Montevideo) rufe ich vorschriftsmäßig die Prefectura über Funk (entspricht der brasilianischen Capitania), um uns anzumelden. In der Hoffnung, dass ich auf Englisch das Gespräch führen kann, beginne ich zunächst auf Englisch. Nachdem ich jedoch keine Antwort erhalte, versuche ich es nochmals in Spanisch und siehe da, es meldet sich jemand, um mit mir zu sprechen. Das Gespräch findet dann in Spanisch statt und bin ich ganz erfreut, alles verstanden zu haben und auf Anhieb die richtigen Antworten geben zu können, ohne lästiges Nachfragen.

 

Am 14.08. um ca. 09.30 Uhr Ortszeit sind wir in das Hafenbecken von Piriapolis eingefahren. Mitten im Hafenbecken begrüßt uns ein dicker Seelöwe, der gemütlich vor unserem Bug hin.- und hertaucht. Wir stellen fest, dass es in dieser Marina Bojen gibt, an denen man festmacht bei gleichzeitigem Ausbringen von zwei Festmachern am Steg. Dem Beispiel der bereits anwesenden Schiffe folgend, wollen wir mit dem Heck an der Boje und dem Bug am Steg anlegen. Mit dem Anlegemanöver war mein Skipper dann aber überhaupt nicht zufrieden: Die Boje konnte ich leicht erwischen, jedoch sind diese Dinger (aus berechtigtem Grund) dermaßen schwer, sodass sie nicht zum Durchfädeln der Leine hochgehoben werden können. Also lassen wir sie wieder los und starten einen neuen Versuch. Auf dem Boden liegend schafft Erich es schließlich die Leine durch die Öse der Boje durchzuziehen und hinten festzumachen. Als wir dann fast am Steg sind, verknotet sich irgendwie die Bojenleine und stoppt uns. Also neuerlich ein Stück rückwärts fahren, die Leine wieder aufklaren und neuerlich zum Steg. Dort warten schon einige hilfsbereite Hände und so kann ich die beiden Festmacher übergeben. Die Backbordseite hat ein Mitarbeiter der Marina übernommen, die Steuerbordseite ein freundliches Ehepaar. Als ich dann ein freundliches ‚buenos dias‘ rüberrufe, höre ich von der Frau: ‚mit uns kannst deitsch reden‘ und der Mann ruft Erich zu: ‚i halt die scho‘. So eine Überraschung! Wie sich dann herausstellt, sind Emmi und Werner aus Regensburg und liegen schon seit einigen Monaten mit ihrem Schiff ‘Afudavu‘ in diesem Hafen.

 

Von der Prefectura wurden wir am Funk beauftragt, diese nach unserer Ankunft mit den Schiffspapieren aufzusuchen. Nach einem kurzen Hallo.- bzw. holà-Sagen im Marinabüro, sind wir gleich los, um uns ordnungsgemäß in Uruguay anzumelden. Wie jedoch bereits in Brasilien ist dies anscheinend auch hier meist mit viel Zeit und Umständen verbunden. Wir werden von der Prefectura zum Flughafen geschickt, wo wir uns den Einreisestempel im Pass und die Aufenthaltserlaubnis (für zunächst 90 Tage) holen sollen. Der Flughafen, so wird uns erklärt, ist nur mit dem Bus zu erreichen. Also nichts wie auf zur Bushaltestelle, aber halt: Wir haben noch keine Uruguayanische Währung! Also wo ist der nächste Bankomat? Den haben wir auch gleich gefunden, jedoch ist er nicht in Betrieb. Vom Touristenbüro, in welchem wir uns unter anderem nach einem weiteren Bankomat erkundigen, werden wir durch die halbe Stadt geschickt und finden schließlich in einem großen Einkaufszentrum ein solches Wunderding, das auch unsere Karte akzeptiert. Nach dieser ersten Anstrengung und dem Erwerb einiger Pesos, gönnen wir uns eine kleine Pause bei Bier und Cola in einem Café. Wir sitzen in der Sonne bei ca. 25° und sehr warmen Wind, der mich stark an den dann und wann einfallenden Föhn in Salzburg erinnert. Erich holt unsere Getränke und strahlt über das ganze Gesicht, als er feststellt, dass die Biergebinde hierzulande 960ml enthalten …..

 

Die Busfahrt zum Flughafen von Montevideo dauert ca. 1 Stunde und haben wir einen ersten Eindruck von diesem Land erhalten. Wir sehen sehr viele kleine und kleinste Häuschen, fast durchwegs ebenerdig, zumeist recht hübsch, nach dem Motto ‚klein aber fein‘. Dies trifft auf die Stadt Piriapolis ebenfalls zu, mit Ausnahme einiger großer Hotels. Ansonsten stellen wir bereits fest, dass das Land sehr flach ist und viele Grünflächen besitzt, auf denen unzählige Kühe und Pferde weiden. Auf den Straßen sieht man sehr viele schöne Oldtimer, natürlich auch solche bei denen man jederzeit Angst haben muss, zusammen mit der Bodenplatte auf dem Asphalt zu landen. Daneben verkehren hier natürlich auch sehr teure Fahrzeuge. Die Schnellstraßen zwischen Montevideo und Punto del Este würden die Herzen aller europäischer staugeplagter Autofahrer höher schlagen lassen. Man sieht sich die meiste Zeit relativ alleine auf der Strecke. Dabei sind diese Gebiete die am dicht besiedeltsten in Uruguay. Man kann sich vorstellen, dass man im Landesinneren evtl. stunden .- bzw. tagelang warten muss, falls man mit dem Auto eine Panne hat und nicht mehr weiter kommt. Uns wurde bereits geraten, dass man sich auf alle Fälle auch bei kleineren Strecken von etwa 200 bis 300km bereits darauf einstellen sollte, alles dabei zu haben, um sich zu verköstigen und eventuell im Fahrzeug übernachten zu können. Am besten reist man hier mit den sehr preiswerten, sauberen und bequemen Überlandbussen: Von bereits länger vor Ort anwesenden Touristen aus Europa erfahren wir, dass man bei den zumeist schlechten Straßenverhältnissen im Land teilweise nur Geschwindigkeiten von durchschnittlich 30 bis 40km/h zurücklegen kann (also doch auch nicht anders wie in Europa bei großer Verkehrsdichte). Allein aus diesem Grund, sollte man stets Getränke und Jausenpakete mit sich führen, ebenso wie ein Reserverad und einen Kanister Reservesprit. Die oben erwähnte Schnellstraße zwischen Montevideo und Punta del Este gehört demnach zu den wenigen gut ausgebauten Straßen in diesem Land.

 

Die Region um Punta del Este ist der Fremdenverkehrsort in Uruguay schlechthin. Vergleichbar mit Nizza und St. Tropez. ‚Sehen und gesehen werden‘ ist hier im Sommer das Motto für Viele, vor allem auch Argentinische Bürger. In den beiden Sommermonaten Dezember und Jänner sind die Preise in diesem Ort angeblich auch dementsprechend hoch.

 

Am Flughafen angekommen, gehen wir siegesgewiss zu dem Büro des Innenministeriums, das für die Ausstellung der Ein,-. Und Ausreisestempel zuständig ist. Das Lachen vergeht uns jedoch bald, als man uns sehr wortreich zu verstehen gibt, dass sie nicht zuständig wären. Nachdem wir jedoch eindeutig von der Prefectura zum Flughafen geschickt wurden, geben wir uns nicht so leicht geschlagen. Als wir dann bitten, uns aufzuschreiben, wo wir nach deren Meinung uns den Stempel holen müssten, stellen wir fest, dass es in der weiteren Nähe von Piriapolis zwei Flughäfen gibt: einen bei Montevideo und einen bei Punta del Este. Wir waren am falschen Flughafen! Na ja wir hatten einen schönen ersten Einblick vom Land durch die Busfahrt. Zum Glück sind die Entfernungen hier in Uruguay jedoch nicht so groß wie in Brasilien.

 

Die Adresse, die man uns aufgeschrieben hat, suchen wir noch am selben Tag auf, jedoch ist die Behörde bereits geschlossen und wird erst wieder Montag geöffnet. Bei dieser Gelegenheit schauen wir uns auch ein klein bisschen die Nachbarstadt von Punta del Este an, und zwar Maldenado. Diese ist ein Fremdenverkehrsort, der hauptsächlich von argentinischen Touristen lebt. Alles ist hier sehr sauber und adrett. Der Weg führt uns durch eine Einkaufsstraße, ähnlich denen in Europa, preislich jedoch durchwegs günstiger wie zu Hause.

 

Nachdem der ‚Föhnsturm‘ – im Hafen hatten wir Spitze über 50kn! – zusammengebrochen ist, haben wir am Sonntag nur noch 9 Grad und Gewitterregen mit Wind aus Süd.

 

Uruguay ist bekannt für sein exzellentes und wie wir feststellen auch sehr preiswertes Rindfleisch. Dies sehr zur Freude von Erich. Meinen Gaumen dagegen erfreut mehr, dass es hier wirklich an jeder Straßenecke mindestens eine Bäckerei gibt, mit herrlichen Torten, Kuchen und allerlei Keksen. Nach diesen und auch anderen durchwegs positiven Eindrücken der ersten Woche und der gemeinsamen Feststellung, dass wir uns in Uruguay eine Zeitlang wohlfühlen könnten, beschließen wir, hier die nächsten drei bis vier Monate zu verbringen. Wir wollen einige Landausflüge unternehmen und zunächst eine Woche auf einer Estancia (einer Ranch) verbringen, um erste ‚Gehversuche‘ im Reiten – ein langgehegter Wunsch von Erich – zu machen.