November 2010

 

Wie bereits im Oktoberbericht erwähnt, wurde vor ca. 10 Jahren die Ortschaft T o r t e l an die in 20 km Entfernung vorbeiführende CarreterraAustral angebunden. Diese nicht asphaltierte Straße führt nach Norden in die Ortschaft Cochran und nach Süden nach O'Higgins. Nachdem wir schon einmal hier sind, fuhren wir znächst einmal in die Staddt Cochran mit ca. 2000 Einwohnern. Die Fahrt dauerte ca. 3 Stunden und führte den Rio Baker entlang an vielen Wasserfällen sowie einigen Farmen vorbei durch die Landschaft wie wir sie seit einigen Monaten immer wieder bewundern.

 

Wir sahen auch immer wieder alte halbverkohlte Baumreste, die durch einen ehemaligen mehrjährigen Flächenbrand entstanden. Dieser wurde künstlich durch Brandrodung, der ausser Kontrolle geraten war, entfacht.

 

Die Menschen, die hier leben, verwenden zum Hausbau, Wärmegewinnung etc. fast ausschließlich das Holz aus den Wäldern. Sie dürfen jedoch nur totes Holz, also von bereits abgestorbenen Bäumen, sammeln, da aufgrund des hiesigen Klimas die Bäume nur sehr langsam wachsen. Diese Bestimmung stellt jedoch bei der herumliegenden Menge an totem Holz keine Einschränkung dar.

 

C o c h r a n ist eine nette kleine Ortschaft, die hier in einem wetterbegünstigten Tal liegt. Man erzählte uns, dass hier so gar aufgrund des relativ milden und trockenen Klimas Marillen wachsen würden. Was erstaunlich ist, wenn man das Wettergeschehen in den anderen Gegenden Patagoniens sonst beobachten konnte.

 

Auch kann man hier Schwammerl suchen. Diese wachsen jedoch nicht wie bei uns am Boden, sondern an den Bäumen! Die Suche wird dadurch ereichtert, dass sie ebenso wie unsere Eierschwammerl gelb sind und aus dem Grün der Umgebung deutlich hervorstechen. Also Schwammerl suchen mit erhobenem Haupt! Vorsicht Stolpergefahr!

 

Einmal auf der am weitesten in den Süden führenden Straße der Welt, wollten wir auch bis zu deren südlichen Ende in O'Higgins. Dazu mussten wir jedoch zwei Tage in Cochran warten, weil die Busverbindung dorthin lediglich 2 Mal wöchentlich erfolgt. Wir hatten daher auch noch Gelegenheit einem kleinen, aber sehr schönen Gitarrenkonzert beizuwohnen. Es wurde lateinamerikanische Folkloremusik geboten.

 

Die Fahrt nach O'H i g g i n s führte uns wiederum durch Berge und Schluchten. In Puerto Yungay wurden wir mitsamt dem Kleinbus auf eine Fähre verschifft, um einen Meereskanal zu überqueren. Bei der Weiterfahrt hatten wir dabei das seltene Glück, am Straßenrand ein echtes Huemule – eine endemisch hier beheimatete kleine Hirschart – zu sehen. Diese sehr scheuen und seltenen Tiere bekommt man nur selten in freier Wildbahn zu Gesicht.

 

Nach vielen Stunden des durchgeschüttelt werdens erreichten wir endlich O'Higgins, ca.7km südlicher mitten im Nichts. Hier endet dann diese von Puerto Montt kommende, ca. 1350km km lange Straße 'Carreterra Austral'. Hier in O'Higgins gibt es beischeidenen Fremdenverkehr. Es wird mit Wanderungen, Reiten, Fliegenfischen in den zahlreichen Flüssen und Seen der Umgebung sowie Gletscher-Schauen geworben.

 

Wir hatten uns mit einem ausgedehnten Spaziergang um die Ortschaft begnügt und wollten mit dem Bus am nächsten Tag morgens zurückfahren bis zur Straßenkreuzung nach Tortel, wo wir hofften einen Bus bzw. evtl.eines der selten verkehrenden Privatfahrzeuge zu erwischen, um wieder zu unserer Delphin zu gelangen.

 

Der Bus am nächsten Tag war jedoch defekt und musste erst repariert werden. Man schickte uns weg und bestellte uns für nachmittags 13.00 Uhr wieder. Diesmal hatten wir Glück, die Reparatur war gelungen und wir 5 Passagiere konnten unsere Fahrt in Angriff nehmen. Durch die Verspätung hatten wir jedoch keine Chance mehr den Bus nach Tortel zu erwischen. So spät schaute es auch schlecht mit anderen Fahrzeugen aus. Wir hatten uns schon darauf eingestellt, wiederum die lange Strecke bis nach Cochran mitzufahren, um von dort am nächsten oder übernächsten Tag den Bus nach Tortel zu nehmen. Aber wir hatten dann doch noch Glück: Auf der Fähre wiederum zurück nach Purto Yungay war auch ein Ehepaar mit eigenem Auto. Sie kamen aus der Nähe von Santiago und waren auf Urlaubsreise. Auch sie wollten noch heute nach Tortel. So haben wir nach der Fährfahrt den Bus gegen das Privatfahrzeug gewechselt und sind doch noch an diesem Tag in Tortel angekommen, wo man uns bereits auf der Motoryacht Huemelues zum Abendessen erwartete!

 

Die Tage in Tortel vergingen gemütlich mit diversen Besuchen und Gegenbesuchen, vielen guten, aber auch weniger interessanten Kinoerlebnissen, Yogastunden (Raquel von der Huemules ist Yogalehrerin) und Warten auf den neuen Motor für die Segelyacht Pi.

 

Um unseren Alltag ein wenig zu durchbrechen, beschlossen wir, zwei Segeltage zum nahen Gletscher J o r g e M o n t t einzulegen. Wir suchten uns dazu einen strahlend schönen Tag aus und fuhren zeitig in der Früh zum Armada-Chef, um uns die Bewilligung zu holen. Dieser Prozess dauerte eine gute ¾ Stunde und dann durften wir starten. Mit an Bord waren Raquel und auch Wibeke von der Pi. Paul hatte mittlerweile seinen neuen Motor bekommen und 2 Mechaniker an Bord, sodass er uns nicht begleiten konnte.

 

Der Tag hätte wirklich nicht schöner sein können und so genossen wir alle Vier diesen Ausflug durch die Kanäle. Von Ferne sahen wir bereits risiege weisse Umgetüme schwimmen. Diese Growler kamen uns dann immer näher und verdichteten sich dann so stark, sodass wir zum Gletscher direkt keine Zufahrt mehr hatten. Unsere bisher gesichteten Growler, waren gegenüber diesen hier lediglich Babies! Unglaublich beeindruckt, durch eine fast surrealistische Welt gleiteten wir zwischen den Eisbergen umher.

 

Eine in der Nähe gelegene Estancia konnten wir leider nicht besuchen, da wir dieses Gebiet aufgrund der sich verdichtenden Eismassen verlassen mussten. Die Rückfahrt am nächsten Tag war bereits wieder bei stark bewölktem Himmel. Diese Abwechslung tat besonders unseren beiden Gästen sehr gut.

 

Leider hatte Paul mit der Motormontage weniger Glück und so würde er noch länger in Tortel bleiben müssen. Dies bedeutete aber auch für uns, noch länger hier abzuwarten, ob evtl. unser Angebot die SY Pi abzuschleppen doch noch in Anspruch genommen werden würde.

 

Tortel hatte schließlich für uns noch einiges zu bieten. So zum Beispiel die Mögichkeit der genauen Beobachtung der hier in der Nähe beheimateten Condore. Sie überflogen oftmals die Bucht und kamen teilweise auch sehr nahe heran. Eines dieser stattlichen Tiere ließ sich sogar in der Nähe des Dorfplatzes nieder. Wie man uns erzählte, hatten Hunde in der Nacht ein Schaf gerissen, deren Überreste dieser Condor entdeckt hatte und nunmehr hoffte, hier noch mehr Fleisch zu finden.

 

Als Wanderziele blieben uns noch der Höhen-Rundwanderweg um die Bucht sowie das auf der gegenüberliegenden Seite der Ortschaft gelegene Wasserkaftwerk zur Stromerzeugung für Tortel. Von diesem Wasserwerk führt ein – wie soll es anders sein – Holzsteg zum oberhalb liegenden See, aus dem das Wasser zur Stromerzeugung stammt. Wären wir nicht bereits Patagonienfans würden diese beiden Ausflüge uns bestimmt dazu machen!